Kaum ein anderes Thema hat das regionale Fußballgeschehen derzeit so gespalten, wie der Protest des SV Liesten nach dem Landesklassenspiel gegen den FSV Havelberg.
Havelberg (fko/bno)â— Was war passiert? Die Domstädter hatten bekanntlich am 2. November
beim favorisierten SV Liesten ein 0:0 erkämpft. Nach dieser Partie legte Liesten jedoch Protest ein (Mitwirken eines unberechtigten Spielers). In der Vorwoche bekamen die Liestener vom
Sportgericht Recht und diese Partie wurde 3:0 gewertet. Beim „unberechtigten Spieler“ handelte es sich um Domenico Schluricke, der aber seine Zwei-Spieltage-Sperre bereits abgesessen hatte.
Ja, es gab ein Gespräch. Zum Sachverhalt konnte ich mich nicht äußern, da mir das Urteil nicht vorlag.“
Das Problem: Schluricke war beim elektronischen System dfb net nicht freigegeben. Es gab schlichtweg eine Verkettung von unglücklichen Umständen zwischen dem Kreisspielbetrieb (Schluricke hatte die Rote Karte im Altmarkpokalwettbewerb gegen Krevese gesehen) und dem Landesspielbetrieb. Die Nichtfreigabe von Schluricke entdeckten die Havelstädter erst beim Spiel in Liesten. Sie riefen Staffelleiter Egon Genz an und schilderten ihm die Sachlage. Auf Nachfrage der Volksstimme-Sportredaktion beim Staffelleiter bestätigte Genz den Anruf: „Ja, es
gab vor dem Spiel ein Telefonat zwischen Havelberg und mir, direkt zum Sachverhalt konnte
ich mich nicht äußern, da mir das Urteil des Sportgerichtes (Altmark-Ost, Anm. d. Red.) nicht vorlag. Ich sagte den Havelbergern, dass sie versuchen sollten, mit dem vorliegenden Urteil mit den Vertretern von Liesten zu sprechen und eine Klärung herbei zu führen.“ Doch er betonte auch, das er keine mündliche Freigabe erteilt habe.
„Habe das Urteil weitergeleitet, damit war meine Arbeit getan.“
Genz war bei diesem Telefonat als Linienrichter eines Spiels eingeteilt und hätte auch nicht freischalten können. Bleibt die Frage: Warum lag Genz das Urteil nicht vor? Jens Seemann (Sportgericht Pokalspiele Altmark-Ost), der die Sperre ausgesprochen hatte: „Ich habe das Urteil gefällt und es an den Staffelleiter für den Pokalwettbewerb weitergeleitet, damit war meine Arbeit getan.“ Der Staffelleiter für den Pokalwettbewerb Altmark-Ost, Klaus-Erich Müller, dazu: „Ich habe das Urteil bekommen, doch den Spieler nicht freigegeben, weil ich es noch nie gemacht habe und mich nicht in die Angelegenheiten der Landesklasse einmischen wollte,
und auch noch nie habe. Die Sperren werden ja sowieso in der Landesklasse abgesessen. Ich ging aber auch davon aus, dass das Urteil vom Sportgericht an den Staffelleiter der Landesklasse weitergeleitet wurde.“
„Wollte mich nicht in die Angelegenheiten der Landesklasse einmischen.“
Hier scheint ein generelles Problem vorzuliegen, dass auch andere Vereine treffen könnte
und einer unbedingten Klärung bedarf. Den Domstädter muss man vorwerfen, dass sie bereits vorher einen Blick in das dfb net hätten werfen sollen. Dann wäre das Problem eher erkannt worden.
„Auch die Vereine sind in der Pflicht.“
Genz: „Auch die Vereine sind in der Pflicht, sich im Vorfeld eines Spiels darüber zu informieren.
Dann wäre eine Klärung noch möglich gewesen.“
„Unser Spieler hat seine Strafe abgessen.“
Der FSV Havelberg wird jetzt in Widerspruch gegen das Urteil gehen. Hartmut Wildermuth vom Vorstand des FSV Havelberg: „Unser Spieler hatte seine Strafe abgesessen. Wir können nicht für Kommunikationsprobleme bestraft werden.“
Stimmen zum Urteil gegen Havelberg
René Hampe (SV Viktoria Uenglingen): „Ich bin der Meinung, dass Havelberg den Punkt bekommen muss. Sicherlich haben die Vereine auch eine Eigenverantwortung, aber sie haben aus ihrer Sicht alles getan, was man tun kann, der Spieler hat die zwei Spiele abgesessen. Wenn nun aber in der Informationskette ein Fehler unterläuft, dann kann man doch nicht den Verein dafür bestrafen.“
Andreas Kahlow (SV Blau-Gelb Goldbeck): „Ich kann die Havelberger verstehen. Man sollte doch etwas Vernunft walten lassen. Wenn es einen Systemfehler gibt, weil es nicht weitergeleitet wurde, dann sollte man doch immer daran denken, wir spielen hier im Amateurbereich, in der Landesklasse und nicht im Profifußball, wo sich Leute extra damit befassen können. Die Reaktion von Liesten finde ich etwas überzogen. Das Spiel ging 0:0 aus und diesen Punkt sollte Liesten akzeptieren.“
Mario Forstreuter (Rot-Weiß Arneburg): „Ich bin auf der Seite der Havelberger, wenn es hier augenscheinlich einen Systemfehler gab und der Verein auf alles geachtet hatte, dann dürften sie dafür nicht noch bestraft werden. Betrachtet man das Ergebnis Havelberg gegen Liesten
sportlich, dann ist doch eine Punkteteilung völlig in Ordnung.“
Heino Kühne (SSV Havelwinkel Warnau): „Auch ich verstehe Havelberg natürlich. Leider ist es uns auch schon mal in der Vergangenheit passiert, sodass wir natürlich diesbezüglich etwas
sensibilisiert sind. Schade für Havelberg.“
Enrico Bastian (SV Liesten): „Wir verstehen zwar, dass Havelberg sauer ist, doch wir sind den Weg gegangen, der legitim ist. Die Vereine stehen in der Mitpflicht. Wir haben Widerspruch beim Staffelleiter eingelegt. Wer den Fall ans Sportgericht weiterleitete, weiß ich nicht. Frau Kriese vom Sportgericht rief mich an und teilte mir mit, dass ein gesperrter Spieler, auch wenn
er nach dem Spiel entsperrt wird, zum Zeitpunkt des Spiels nicht spielen darf. Ein gesperrter Spieler darf nicht auf dem ESB (elekr. Spielberichtsbogen, Anm. Red.) erscheinen, es zählt also so, als wenn ein Spieler spielt, der nicht auf dem ESB steht.“
Quelle: Volksstimme vom 23. November 2013